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Die Stichtage im Zugewinnausgleich

Rechtsgebiet:
Familenrecht
Autor:
Chrysanthi Fouloglidou
Veröffentlicht:
31.5.2024

Die Zugewinngemeinschaft ist ein Güterstand der Gütertrennung. Der Zugewinn ist der Vermögenszuwachs oder der Wertunterschied zwischen Anfangs- und Endvermögen. Der Zugewinnausgleich dient dazu, den während der Ehe erzielten Vermögenszuwachs gerecht zwischen den Ehegatten zu verteilen. Die Vermögensveränderungen bemessen sich zwischen den Stichtagen.  

Stichtag für das Anfangsvermögen

Dies ist der Tag des Eintritts in den Güterstand, also der Tag der Eheschließung oder der vertragliche Wechsel aus einem anderen Güterstand. Das Vermögen, das jeder Ehegatte zu diesem Zeitpunkt besitzt, wird als Anfangsvermögen bezeichnet. Auch Vermögen, das während der Ehe durch Erbschaften oder Schenkungen erworben wird, wird zum Anfangsvermögen hinzugerechnet.

Stichtag für das Endvermögen

Dies ist der Tag der Zustellung des Scheidungsantrags, des Todes eines Ehegatten oder der Tag des Güterstandwechsels. Das Vermögen, das jeder Ehegatte zu diesem Zeitpunkt besitzt, wird als Endvermögen bezeichnet. Es ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstands gehört.

Und was ist der Kontrollstichtag?

Ein zusätzlicher Stichtag als Kontrollstichtag ist der Stichtag des Trennungsvermögens. Dieser soll die bewusste Vermögensminderung nach der Trennung vermeiden.

Strenges Stichtagsprinzip

Veränderungen während der Ehe bleiben außer Betracht. Relevant für die Bewertung des Zugewinns sind die Vermögenswerte zu den oben genannten Stichtagen. Der Unterschied zwischen dem Anfangs- und dem Endvermögen ergibt den Zugewinn, der dann zwischen den Ehegatten ausgeglichen wird.

Es können auch besondere Umstände vorliegen, die die Festlegung dieser Stichtage beeinflussen, wie zum Beispiel eine vorzeitige Aufhebung des Güterstands oder die Einleitung eines vorzeitigen Zugewinnausgleichs. Der Zugewinnausgleich soll sicherstellen, dass beide Ehegatten zu gleichen Teilen von dem während der Ehe erwirtschafteten Vermögenszuwachs profitieren. Die Stichtage beim Zugewinnausgleich sind festgelegt, um eine klare und gerechte Berechnung des während der Ehe erzielten Vermögenszuwachses zu ermöglichen. Hier sind die Gründe für diese Stichtage:

Eindeutige Abgrenzung des Vermögenszuwachses

Der Stichtag für das Anfangsvermögen (Tag der Eheschließung) und der Stichtag für das Endvermögen (Tag der Zustellung des Scheidungsantrags) schaffen eine klare zeitliche Abgrenzung, welche Vermögenswerte als Zugewinn gelten. So wird sichergestellt, dass nur der Vermögenszuwachs während der Eheberücksichtigt wird.

Rechtsklarheit und Berechenbarkeit

Durch die Festlegung konkreter Stichtage wird die Berechnung des Zugewinnausgleichs nachvollziehbar und überprüfbar. Dies fördert die Rechtssicherheit und vereinfacht die Feststellung der relevanten Vermögenswerte.

Vermeidung von Manipulationen

Die Festlegung auf bestimmte Stichtage verhindert, dass beispielsweise ein Ehegatte kurz vor der Scheidung Vermögenswerte verschiebt, um den Zugewinnausgleich zu beeinflussen. So kann beispielsweise verhindert werden, dass ein Ehegatte kurz vor der Scheidung noch schnell Vermögen beiseiteschafft oder Investitionen tätigt, die den Zugewinnausgleich verzerren könnten.

Gerechte Vermögensverteilung

Die Stichtage stellen sicher, dass nur der Vermögenszuwachs während der gemeinsamen Ehezeit ausgeglichen wird. Vermögenswerte, die vor der erworben wurden, bleiben dabei unberücksichtigt.

Durch diese klare Festlegung der Stichtage wird der Zugewinnausgleich zu einem transparenten Prozess, der beide Ehegatten gleichberechtigt behandelt und das während der Ehe erwirtschaftete Vermögen gerecht verteilt.

Illoyale Vermögensverschiebung

Illoyale Vermögensverschiebungen können in der Zeit vor einer Scheidung vorkommen, wenn ein Ehegatte versucht, den Zugewinnausgleich zu seinen Gunsten zu manipulieren. Dies geschieht durch gezielte Handlungen, die darauf abzielen, das zu berücksichtigende Vermögen zu verringern oder zu verschleiern. Hier sind einige typische Methoden, wie es zu solchen Vermögensverschiebungen kommen kann:

Übertragung von Vermögenswerten auf Dritte

Ein Ehegatte könnte Vermögenswerte an Freunde, Verwandte oder Dritte übertragen, um sie dem Zugewinnausgleich zu entziehen. Diese Übertragungen können als Schenkungen oder Verkäufe getarnt sein.

Vermögensverschleierung

Der Ehegatte könnte versuchen, Vermögenswerte zu verstecken oder deren Existenz zu verschleiern. Dies kann durch das Verstecken von Bargeld, die Nutzung von Offshore-Konten oder das Nichtdeklarieren von Vermögenswerten geschehen.

Künstliche Schulden

Ein Ehegatte könnte künstlich Schulden erzeugen, um den Anschein eines geringeren Endvermögens zu erwecken. Dies kann durch fingierte Darlehensverträge mit Freunden oder Familienmitgliedern geschehen.

Abwertungen und verlustbringende Geschäfte

Ein Ehegatte könnte absichtlich verlustbringende Geschäfte tätigen oder Vermögenswerte unter Wert verkaufen, um den Zugewinn zu reduzieren. Dies kann durch den Verkauf von Immobilien oder Wertpapieren unter Marktwert erfolgen.

Vermögensverlagerungen ins Ausland

Ein Ehegatte könnte Vermögenswerte ins Ausland transferieren, um sie dem Zugriff des Zugewinnausgleichs zu entziehen. Dies umfasst die Nutzung von ausländischen Bankkonten oder die Investition in ausländische Immobilien.

Um diesen illoyalen Vermögensverschiebungen entgegenzuwirken, gibt es bestimmte Schutzmechanismen:

Auskunftspflicht

Beide Ehegatten sind verpflichtet, über ihr Vermögen umfassend Auskunft zu erteilen. Auskunft ist zu erteilen zum Anfangs-, Endvermögen und über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung.

Beleganspruch

Der Beleganspruch dient der Kontrolle der erteilten Auskunft. Er ist zunächst beschränkt auf die Vorlage vorhandener Nachweise.

Dem Berechtigten müssen die Belege geordnet und nachvollziehbar zusammengestellt werden. Mehrere einzelne Schriftsätze genügen dabei nicht. Aktiva und Passiva müssen aufgeteilt werden.

Durch diese Mechanismen wird versucht, eine gerechte und faire Vermögensverteilung sicherzustellen und illoyale Vermögensverschiebungen zu verhindern.

Rechnungen und Schulden

Rechnungen und Schulden spielen eine wichtige Rolle im Zugewinnausgleich, da sie das Vermögen eines Ehegatten beeinflussen und somit den Zugewinnausgleich mitbestimmen. Hier sind die wesentlichen Aspekte zur Behandlung von Rechnungen und Schulden im Zugewinnausgleich:

Anfangsschulden

Schulden, die ein Ehegatte bereits zum Zeitpunkt der Eheschließung hat, werden vom Anfangsvermögen abgezogen. Das bedeutet, dass das Anfangsvermögen um den Betrag der Schulden reduziert wird.

Endschulden

Schulden, die ein Ehegatte zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrags hat, werden vom Endvermögen abgezogen. Das Endvermögen wird also um die Höhe der Schulden verringert.

Berücksichtigung von Verbindlichkeiten

Nicht nur Schulden im klassischen Sinne (wie Kredite oder Darlehen) werden berücksichtigt, sondern auch sonstige Verbindlichkeiten wie offene Rechnungen oder Forderungen Dritter. Diese Verbindlichkeiten mindern ebenfalls das Endvermögen. 

Ausgleichsforderung

Wenn der Zugewinnausgleich berechnet wird, ergibt sich eine Ausgleichsforderung, die derjenige Ehegatte, der einen höheren Zugewinn erzielt hat, an den anderen zahlen muss.

Noch Fragen? Kontaktieren Sie mich gern, ich unterstütze Sie bei der tagegenauen Berechnung des Zugewinns und der Durchsetzung Ihrer Forderung!